Vollkommenheit ist eine Illusion

Kürzlich fand ich folgendes Zitat:

Menschen brauchen die Vorstellung von der Vollkommenheit, aber den Mut zur Unvollkommenheit.

Dem kann ich aus vollem Herzen zustimmen. Denn nur wer sich eine vollkommene Umgebung oder Welt vorstellen kann, ist auch bereit, dafür etwas dazu beizutragen, diese (mit) zu gestalten. Sich dafür einzusetzen und die eigenen Möglichkeiten nutzen, diese Welt entstehen zu lassen.

Dann allerdings geht es los mit dem anderen Teil: Wir erkennen, dass sich die Dinge nicht so entwickeln, wie wir es uns vorstellen. Oder unsere Fähigkeiten reichen nicht aus. Manche Menschen werfen dann die Flinte ins Korn und geben auf. Doch genau an diesem Punkt setzt der “Mut zur Unvollkommenheit” ein durch die Bereitschaft, trotzdem weiter zu machen. Mit den Mitteln und Möglichkeiten, die zur Verfügung stehen und in dem Maße, wie es in diesem Moment möglich ist. Sich auf die Teile zu konzentrieren, die auch in dieser Situation geradezu perfekt sind. Die Aufmerksamkeit gerade darauf zu richten, was möglich ist und diesen Anteil zu verstärken. Schritt für Schritt voran zu gehen – auch im Vertrauen darauf, dass sich alles Weitere jeweils zeigen wird, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist.

Das verlangt in jedem Fall Mut, denn wir sind so darauf getrimmt, alles zu berücksichtigen – die Vollkommenheit – und daran um jedem Preis festzuhalten. Zu Lasten der Unvollkommenheit und des “es genügt so wie es ist”. Deutschen Ingenieuren wird nachgesagt, dass sie zu viel Zeit investieren, um Kleinigkeiten zu verändern, die kein Mensch wirklich braucht. Auch bei meinen Teilnehmern erlebe ich dies: da wird an Details gefeilt, bis sie perfekt sind anstatt hinauszugehen und sich und das eigene Angebot vorzustellen.

Fragen Sie sich in solchen Situationen immer wieder:
Was würde passieren, wenn ich diesen Punkt nicht erledige, sondern ihn lasse wie er gerade ist?
Damit steigen Sie aus der Perfektionismusfalle, in die wir nur allzu leicht geraten.

Sie wollen sich weiter mit dem Thema Perfektion befassen?
Dann empfehle ich Ihnen das Buch “Gut reicht völlig” meiner Kollegin Bettina Stackelberg.

Ulrike Bergmann Zur Person: Ulrike Bergmann
DIE MUTMACHERIN begleitet seit 30 Jahren lebenserfahrene Solo-Unternehmerinnen, ihre Vorstellungen von einem erfüllten Berufs- und Privatleben mit Leichtigkeit und Klarheit zu verwirklichen und mutig ihren eigenen Weg zu gehen. Im MUTMACHER-MAGAZIN gibt sie Einblicke in ihre Schatzkiste und bestärkt ihre Leserinnen darin, mutig ihren eigenen Weg zu gehen.

Ein Gedanke zu „Vollkommenheit ist eine Illusion

  1. brigitte

    liebe ulrike,

    irgendwie tröstet mich das zitat sehr und dein artikel ist eine gute erklärung für mich, warum ich mit meinem “unperfekt weiblichen” angebot noch nicht “draussen” bin. ich denke auf jeden fall einmal darüber nach. danke für die gute anregung. wie immer!

    UND irgendwann habe ich die erfahrung gemacht…es ging um so etwas ähnliches wie eine ingenieur-leistung, dass unendliche viele stunden arbeit, hochkonzentriertes nachdenken und vieles mehr, nicht zum erfolg führen konnten, weil ein ganz bestimmter nicht zu lösender “fehler” im system lag. hätte ich ihn akzeptiert, hätte er sich durch das ganze system gezogen und die lösung nicht ohne sich ständig wiederholende fehler im ganzen system unanwendbar gemacht. hätte ich versucht, ihn zu finden und aufzulösen, wäre ich “wahnsinnig” geworden. es war zu komplex und keiner verstand mich. aus meiner sicht, war hier die vollkommenheit absolut notwendig, nur leider für mich nicht machbar…dieses “scheitern” hatte für mich schlimme folgen, weil ich nicht gelernt hatte damit umzugehen. doch von der sache her, bin ich nach wie vor überzeugt, dass es in diesem fall nur ganz oder gar nicht ging. 1 + 1 = 2…und nicht 2,5…oder? insofern verstehe ich unsere ingenieure und ihre welt und ihre hohen anforderungen sehr gut. 🙂 die welt der technik und des mensch seins sind ganzeinfach zwei paar schuh….und schwierig wird’s wahrscheinlich, wenn wir die anforderungen perfekter maschinen und systeme, die durchaus ihre berechtigung haben, auf uns menschen übertragen. (tun wir das nicht schon alle seit vielen vielen jahren in einer zeit die lange ausschliesslich auf funktionieren und effizienz und wirtschaftlichkeit ausgerichtet war? ) irgendwo muss er ja herkommen, unser drang nach perfektionismus!?

    herzliche grüße, brigitte

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