Im Kleinen loslassen schafft Raum für Neues

Im letzten Beitrag ging es um das große Loslassen – das Sterben – und wie man es trainieren kann. Dem voraus geht das bewusste Leben und dafür brauchen wir immer wieder Raum, in dem auch Neues entstehen kann. Dieser entsteht, wenn wir im Alltag das Loslassen immer wieder üben, was besonders gut beim Aufräumen gelingt. Eine Tätigkeit, die diesen Monat bei mir sehr im Blickfeld steht. Seit einer guten Woche widme ich mich Kisten, Stapeln und Stößen, die mich schon lange stören. Ausgelöst durch die Suche nach einem Gegenstand, den ich von meinem vor 15 Jahren verstorbenen Vater geerbt habe, machte ich mich daran, alte Schachteln aus dem Keller zu holen, deren Inhalte durchzusehen und mich dabei gleich von vielem zu trennen. Wieder einmal war es überraschend, wie befreiend und wohltuend solche Aktionen sind. Mal ganz abgesehen von dem Frei-Raum, der dadurch zusätzlich entsteht.

Schauen Sie doch einmal, welche Kisten bei Ihnen seit langem unberührt herumstehen. Wo lagern Sie überflüssig gewordenes Material, nicht mehr benutzte Utensilien, ausgelesene Bücher oder nicht mehr passende Kleidung?

Wie wäre es, wenn Sie in den nächsten Wochen Leerzeiten dazu nutzen, sich davon zu trennen?

Es gibt zwei gegensätzliche Typen (wie auch Mischtypen) und damit auch zwei verschiedene Vorgehensweisen des Loslassens. Welcher Typ sind Sie?

Der Kraftakt-Typ denkt nicht lange nach oder schwelgt beim Aufräumen in Erinnerungen. Daher genügt in der Regel ein Tag oder ein Wochenende, um wieder einmal “klar Schiff” zu machen und eine Menge Ballast abzuwerfen. Mit Unterstützung durch eine neutrale Person gelingt das Loslassen noch schneller und leichter.

Anders die Erinnerungsschwelger – ihnen fällt es schwer, sich von solchen Dingen zu trennen, die einen emotionalen Wert haben. Sie brauchen ein anderes Vorgehen, bei dem das emotionale Loslassen genug Raum hat. Wenn Sie zu diesem Typus zählen, planen Sie regelmäßig – am besten täglich – 30 bis 60  Minuten Zeit ein und nehmen Sie sich dafür jeweils nur ein Regal, eine Kiste oder einen Schrank vor.

Hier einige Anregungen für zwei Bereiche, in denen man häufig nicht weiß, was damit geschehen soll – oder die klassischen Wege wie Flohmarkt oder ebay nicht nutzen will. In diesem Zusammenhang interessant ist auch das Portal Recyclingmonster.de, über das Sie die Ankaufspreise für viele Dinge und die verschiedenen Anbieter vergleichen können.

Bücher

sind ein heikles Thema. Sehr viele Menschen scheuen sich davor, Bücher einfach über die Altpapier-Tonne zu entsorgen. Doch für viel gelesene Taschenbücher gibt es selten eine andere Alternative. So werden sie wenigstens einem guten Zweck zugeführt, indem sie recycelt werden. Die Tonne ist auch für Bücher, in denen viele Markierungen enthalten sind, die einzig sinnvolle Lösung. Denn wer möchte schon die Anmerkungen anderer beim Lesen vor Augen haben.

Alternative für gut erhaltene Bücher neueren Datums ist die lokale Bücherei. Die meisten sind dankbar für solche Gaben, da sie darüber viel gelesene Bücher ersetzen und neue hinzufügen können. Unsere Gemeindebücherei verkauft die nicht verwendeten Bücher zudem über einen Dauerflohmarkt und kann das eingenommene Geld für eine Aufstockung nutzen.

Daneben gibt es auch die Gebrauchtbücher-Märkte im Internet. Sei es über Amazon für einzelne Bücher oder wenn es um die Abgabe größerer Bestände geht, auch diese beiden Plattfomen: rebuy.tv und momox.de. Beide nehmen auch CDs, DVDs. Spiele und anderes an. Die Abwicklung ist einfach und schnell erledigt.

Kleidung und Wäsche

werden am einfachsten auf den Wertstoffhöfen in die entsprechenden Kleidertonnen gegeben. Für mich ist dies eine etwas problematische Vorgehensweise, da die Inhalte häufig in Entwicklungsländern landen und die dortigen Textilmärkte kaputt machen. Dabei gibt es auch hierzulande viele gute Möglichkeiten, mit Ihren alten Sachen einen Nutzen zu stiften.

Dies sind zum einen die örtlichen Frauenhäuser, in denen mit Gewalt konfrontierte Frauen Zuflucht finden. Meist verlassen sie ihr Zuhause ohne viel mitnehmen zu können und haben kein Geld für Neuanschaffungen. Daher werden in diesen Einrichtungen Kleidung und Wäsche gerne angenommen. Die Telefonnummern für Ihre Region finden Sie im Internet (Adressen werden zum Schutz der dort lebenden Frauen nicht veröffentlicht).

Eine andere Möglichkeit sind Caritas, Innere Mission und Rotes Kreuz, die neben gut erhaltenen Kleidungsstücken und Wäsche (Handtücher, Bettwäsche) auch Haushaltsgegenstände (Geschirr, Besteck, Gläser, Möbel) annehmen. Diese werden dann in so genannten Gebrauchtwaren-Kaufhäusern verkauft. So entsteht ein positiver Kreislauf, der allen nützt. Auch hierfür werden Sie im Internet fündig.

Neben der Variante, Mode der letzten oder vorletzten Saison in Second Hand-Läden zu verkaufen, gibt es in München auch noch mehrere von der Inneren Mission geführte Läden, in denen gebrauchte Kleidung für Damen (Kleidsam), jüngere Frauen (Wertstoff #4) und Kinder (Kleidsam für Kinder) wie auch für Schmuck und Wohnaccessoires (Stoffwechsel Secondhand) angenommen und verkauft werden. Mit dem Erlös werden Dauerarbeitsplätze geschaffen, vor allem für Frauen mit anerkannter Behinderung, die darüber die Chance für ein selbst bestimmtes Leben erhalten. Damit dienen diese Läden auch einem sozialen Zweck.

Dies sind nur einige Beispiele, wie aus dem, was Sie loslassen wollen, etwas Gutes entsteht. Daneben hat es den wunderbaren Effekt, dass Kräfte frei werden, wenn Sie Altes loslassen und überflüssigen Ballast abwerfen. Es entsteht der erforderliche Freiraum, in dem Neues entstehen und sich Stück für Stück entfalten kann.

Ulrike Bergmann Zur Person: Ulrike Bergmann
DIE MUTMACHERIN begleitet seit 30 Jahren lebenserfahrene Solo-Unternehmerinnen, ihre Vorstellungen von einem erfüllten Berufs- und Privatleben mit Leichtigkeit und Klarheit zu verwirklichen und mutig ihren eigenen Weg zu gehen. Im MUTMACHER-MAGAZIN gibt sie Einblicke in ihre Schatzkiste und bestärkt ihre Leserinnen darin, mutig ihren eigenen Weg zu gehen.

6 Gedanken zu „Im Kleinen loslassen schafft Raum für Neues

  1. Zamyat M. Klein

    Jaaa, das ist ja wieder mein Lieblingsthema. Zumal ich die große Sammlerin vor dem Herrn bin. Und ganz sicher eine Erinnerungsschwelgerin. Und noch von meiner Mutter so Strukturen aus der Nachkriegszeit übernommen habe: “Das kann man sicher noch mal brauchen”. Also immer wieder ein Dauerbrenner für mich, obwohl ich schon viele – teilweise auch radikale – Entrümpelungsaktionen durchgeführt habe.

    Das Jahresende finde ich auch so schön symbolisch für solche Aktionen – nur habe ich jetzt schon so viel vor, in diesen angeblich ruhigen Zeiten 🙂

    Kleidung kann man bei uns auch dem Kinderschutzbund geben, die haben Läden, wo sie das direkt preiswert an Bedürftige verkaufen.

    Für Bücher gibt es auch öffentliche Bücherschränke (in Köln, sogar hier in Overath), wo man einfach Bücher nehmen und reinstellen kann. Also in die Tonne auf keinen Fall! Das täte mir in der Seele weh, ich liebe Bücher.

    Aber auch hier muss ich dringend mal wieder Luft in die Regale lassen…
    Viele verschenke ich einfach an ebenso lesesüchtige Freundinnen weiter, die sie dann weitergeben können… So einen Kreislauf finde ich total sinnvoll. Spart Geld und Ressourcen.

    Es gibt ja auch so Plätze, wo man Bücher aussetzen kann und im Netz veröffentlichen, wo es liegt. Das war mir aber zu kompliziert, ist aber auch nett.

    Klamotten habe ich auch schon in die Sahara zu den Beduinen mitgenommen, als ich dort noch meine Reisen machte. Die finden immer jemanden in der Verwandschaft, dem es passt.

    Also, der Möglichkeiten gibt es viele, wenn man sich denn trennt…

    Auf jeden Fall mal wieder ein guter Anstoß!
    Es liegt noch das eine oder andere Häufchen im Keller vom Auflösen des Elternhauses, tiefste Kindheitserinnerungen… die ich aber sicher nicht wegwerfe 🙂

  2. Ulrike Bergmann Beitragsautor

    Danke, liebe Zamyat, für die vielen Ergänzungen. Einige davon kannte ich bereits, andere waren mir neu. Wenn man einmal die Augen öffnet und Anregungen sucht, finden sich viele Möglichkeiten, Dinge in einen Kreislauf zu bringen 🙂

  3. Maren Martschenko

    Ich bin der festen Überzeugung, wer regelmäßig im Kleinen das Loslassen übt, dem gelingt es auch leichter im Großen. Deshalb gebe ich gerne gleich weg: Gelesene Bücher an Freunde, neue Kleidungsstücke bekommen nur dann einen Platz, wenn etwas Altes geht. Der Zeitschriftenstapel “Das könnte ich vielleicht noch lesen” wird einmal im Monat entsorgt.
    Bei größeren Ausmistaktionen habe ich gute Erfahrungen mit Oxfam gemacht https://www.oxfam.de/shops/muenchen-maxvorstadt. Sie nehmen Bücher, Kleidungsstücke und auch kleine Haushaltsgegenstände. So muss ich nur eine Adresse ansteuern.
    Auch momox habe ich schon genutzt. Der Aufwand lohnt allerdings nur, wenn man sehr viele Bücher und CDs loswerden will und nicht viel Geld erwartet, wie dieser Beitrag zeigt https://www.ardmediathek.de/das-erste/ratgeber-geld/recommerce-fuer-wen-lohnt-sich-der-virtuelle?documentId=11924592

  4. Ulrike Bergmann Beitragsautor

    Danke, liebe Maren, für Deinen Link zu Deinen Erfahrungen mit Portalen. Es ist immer eine Frage von Menge und Erwartung. Früher habe ich Bücher einzeln über amazon verkauft; doch das ist mir inzwischen zu umständlich. Vor allem, wenn ich – wie aktuell – sehr viele Bücher loswerden will. Daher wähle ich diesmal andere Wege: verschenken – Bücherei – momox – amazon für gesuchte Einzelbücher.

  5. Jutta Wendt

    Du hättest mein heftiges Nicken sehen sollen, liebe Ulrike – bin auch grad wieder dabei, einiges wegzugeben, scheint die Jahreszeit zu sein!? Auf jeden Fall danke für deinen Artikel, tolle Tipps sind dabei zum entsorgen. Ich trenne mich auch oft nur schwer von manchen Dingen, aber wenn Sachen noch Verwendung finden, kann ich zwischenzeitlich ganz gut loslassen. Außerdem hab ich das befreiende Gefühl schon öfter gehabt und das hat schon was!

    Ich hab auch noch Tipps, z.B. Bücher: in fast jeder Gemeindebücherei kann man Taschenbücher einfach abgeben, die werden dort nicht registriert, machen keinen Aufwand und werden gerne wieder mitgenommen. Denn leider findet man die öffentlichen Bücherschränke noch nicht sehr häufig.

    Und die „Wanderbücher“ (die meinte Zamyat M. Klein mit „aussetzen“) muss man nicht unbedingt im Netz registrieren, da ist mir der Aufwand zu groß. Aber innen ein kleines Schild rein, dass es nicht verloren ging, sondern auf Wanderschaft ist, und schon lasse ich diese Bücher in Tiefgaragen, Treppenhäusern, in der S-Bahn, im Wartezimmer einfach liegen … Seit Jahren übrigens schon mit viel Vergnügen :-).

    Ach ja, und Zeitungen werden rumgereicht – ich kann eine Gartenzeitung auch noch in zwei Wochen lesen und auch manche andere Zeitung kann ruhig mal einen Monat alt sein.

    Viele Dinge, die wir nicht mehr brauchen, nehmen übrigens gerne die Nachbarschaftshilfen an, die es fast in jedem Ort gibt. Ob Bücher, Wolle, Kleidung, Spielsachen, einfach fragen. Auch „Die Tafel“ nimmt gerne gute Sachen an.

    Du hast gute Adressen in München genannt für Wiederverkauf, werde ich gleich notieren. Ich kann noch eine hinzufügen für Leute in der Region FFB: im Wertstoffhof in der Hasenheide haben Menschen ebenfalls dauerhaft Arbeitsplätze gefunden durch die Annahme und den Verkauf von Sachen.

    Also vielen Dank für deinen Artikel – wie immer gerne gelesen von mir! Herzlichen Gruß Jutta

  6. Ulrike Bergmann Beitragsautor

    Liebe Jutta,
    das sind tolle weitere Tipps. Ein Nachbarschaftszentrum haben wir hier auch, da werde ich mal nachfragen für einige Kleinigkeiten…
    Den Wertstoffhof in FFB habe ich früher auch rege genutzt – zum abgeben von Sachen wie auch als ich mich von meinem Partner getrennt habe und einrichtungsmäßig wieder von vorne angefangen durfte.
    Gutes weiteres Loslassen!
    Ulrike

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