Katja Kerschgens ist in der Hocheifel zu Hause, in Hörweite vom Nürburgring. Das ist einerseits eine temporeiche und zugleich landschaftlich eher ruhige Gegend. Von dort aus ist sie als Rhetoriktrainerin und Rednerin unterwegs. In ihren Vorträgen und Seminaren vermittelt sie Menschen, wie sie straffer kommunizieren. Doch sie ist auch als Autorin sehr aktiv, hat eigene Bücher geschrieben und sich 2001 mit einem Kommunikationsservice selbständig gemacht. In unserem Gespräch geht es allerdings um einen anderen Aspekt, mit dem Katja Kerschgens im Sommer 2015 an die Öffentlichkeit gegangen ist: seit über 20 Jahren lebt sie mit der Diagnose MS. Zu diesem Zeitpunkt haben wir auch dieses Gespräch geführt.
Katja, du hast deine Diagnose öffentlich gemacht und dazu einen vielgelesenen Blogbeitrag geschrieben. Was war der Auslöser für diesen Schritt?
Ich glaube, der Auslöser war schon lange da, doch jetzt ist er sichtbar geworden. Mittlerweile laufe ich mit einem Gehstock durch die Gegend. Wer mich beim Laufen beobachtet, wird sehen, dass ich Treppen nicht gut rauf und runter komme und manchmal etwas torkelig unterwegs bin. Da dachte ich mir: bevor das Gerücht entsteht „die Frau Kerschgens ist schon vor 11:00 Uhr besoffen“, mach ich Butter bei die Fische und spiel mit offenen Karten. Dadurch habe ich gemerkt: das hat wirklich den Vorteil, dass die Leute auch ganz anders mit mir umgehen. Die sehen den Stock und verstehen sofort „aha, guck mal, da ist irgendwas!“. Man muss ja nicht gleich erzählen, was es ist, aber es funktioniert dann wesentlich besser und hat mir sehr geholfen. Das war für mich noch so ein Punkt: Ich möchte, dass ich auch mal Hilfe in Anspruch nehmen kann, ohne gleich ein schlechtes Gewissen zu haben oder in große Erklärungsnot zu kommen. Das hat diesen Schritt durchaus erleichtert. Weiterlesen